Die World Team Trophy im Eiskunstlauf findet alle zwei Jahre Mitte oder Ende April statt und ist für mich der letzte Wettbewerb der Saison und deshalb eine gute Gelegenheit, ihn mit einem kleinen Urlaub zu verbinden. Ich komme immer sehr gerne nach Japan, ich mag diese exotische Kultur, die Landschaft und natürlich auch das Essen sehr.
Der Frühling ist in Japan die Zeit der Kirschblüte, „Sakura“, und wenn es um die Kirschblüte geht, sind die Japaner nicht zu halten. In Massen strömen sie in die Parks, um die schönsten blühenden Bäume zu bewundern und abzulichten. Aber das ist längst nicht alles, man kann Reisen zu den besten Orten buchen, genaue Berichte über den aktuellen Stand der Blüte verfolgen, Kirschblüten-Tee, -Eis und wer weiß was sonst noch genießen. In Tokio war die Hochzeit der Kirschblüte allerdings bei meiner Ankunft schon vorbei. Ich hatte sie aber schon früher erlebt.

Für meinen Kurzurlaub habe ich mir einen Ort gesucht, an dem ich noch nicht war, er sollte nicht zu weit weg von Tokio sein und gut erreichbar. Nachdem ich vor zwei Jahren in Shimoda an der Küste war und früher in der alten Tempelstadt Nikko sowie in Hakone und Kamakura, bin ich diesmal in die Berge gefahren, in den Ort Karuizawa, gut eine Stunde mit dem Shinkansen (Hochgeschwindigkeitszug) von Tokio entfernt. Karuizawa ist eine beliebte Sommerfrische der Hauptstädter, auch der Kaiser soll hier die Kühle genießen, wenn es in Tokio mal wieder unerträglich heiß ist. Karuizawa liegt etwa 1000 Meter hoch, von daher war der Frühling hier noch nicht angekommen und von der Kirschblüte war nichts zu sehen. In Karuizawa und Umgebung kann man in den Bergen wandern und durch Wälder streifen, aber es war noch alles braun und in einigen Ecken lagen noch Schneereste. Deswegen waren die Wälder nicht so attraktiv.

Ich wollte auch mal wieder das klassische Japan erleben und habe ein Zimmer in einem Ryokan mit Onsen gebucht. Ein Ryokan ist ein traditionelles japanisches Gasthaus. Das Zimmer ist mit Tatami-Matten ausgelegt und das Bett ist eine Futonmatratze auf dem Boden. Ich fand es bequem und überhaupt nicht zu hart. Auch sitzt man auf dem Boden. Es gab aber eine zusätzliche Sitzecke mit Stühlen, was dann für Europäer auf längere Sicht doch bequemer ist. Beim Betreten des Gasthauses zieht man die Schuhe aus und schlüpft in die bereitgestellten Hausschuhe. Das Zimmer wiederum betritt man auf Strümpfen, nur im Bad gibt es extra Slipper (die auf jeden Fall auch im Bad bleiben). Einen Schrank für meine Sachen hatte ich im Zimmer nicht, also habe ich alles im Koffer gelassen. Der Ryokan verfügte über einen gewissen Retro-Charme, insbesondere das klobige, alte Telephon war wie aus der Zeit gefallen.

Der Onsen, das heiße Quellbad, war für mich ein weiterer wichtiger Grund, den etwas abgelegenen Ryokan zu buchen. Sie hatten sogar einen privaten Onsen auf einem Balkon, so dass ich an der frischen Luft im heißen Wasser entspannen konnte. Das Gemeinschaftsbad hatte ich aber auch für mich alleine, weil nicht viel los war im Gasthaus. Japanisches Essen gehört selbstverständlich zu einem Aufenthalt im Ryokan dazu. Das Gasthaus bietet feste Essenszeiten an, man muss sich für eine entscheiden. Als ich nicht pünktlich beim Frühstück erschien, klingelte das altmodische Telephon, es war also nicht nur Deko!

Ich kam am Nachmittag an, direkt vom Flughafen und bin nur ein wenig in der Umgebung des Hotels bis zu einem Wasserfall spaziert. Am zweiten Tag habe ich den selten verkehrenden Bus in den Ort genommen, mir dort ein E-Bike geliehen und die Umgebung erkundet. Das Highlight war auf jeden Fall der Usui-Paß, mit toller Aussicht auf die umliegenden Berge und insbesondere den schneebedeckten, noch aktiven Vulkan Asama. Dank des E-Bikes konnte ich sogar den Paß hochradeln (im Fahrradverleih meinten sie, das ginge nicht, aber es war zwar anstrengend, aber kein größeres Problem). Auf dem Paß habe ich noch einen Tempel mit einem 800 Jahre alten Baum besucht. Die Abfahrt runter in den Ort war natürlich die beste Belohnung!

In Kuraizawa stehen viele europäisch anmutende Häuser. Das war früher etwas Besonderes in Japan, und anscheinend ist deutsches Essen hier beliebt. Ich sah Geschäfte, die – auf Deutsch! – „Wurst und Schinken“ anpriesen, komplett mit schwarz-rot-goldener Fahne am Laden, sowie ein deutsches Restaurant, das „Gulasch“ zum Mittagstisch anbot und eine deutsche Speisekarte hatte. Aber ich bin nicht nach Japan gekommen, um deutsche Hausmannskost zu essen, daher machte ich nur ein Photo, wie auch von einer Pralinenmanufaktur mit dem schönen Namen „Schokoladenburg“. Ich radelte noch bis in den Nachbarstadtteil und zu einem romantischen See, der aber wegen der winterlichen Vegetation ein wenig öde wirkte. Wenn hier alles blüht und grün ist, ist es sicher schöner.
Direkt am Bahnhof hat sich eine riesige Shopping-Mall mit Designer-Outlets ausgebreitet. Hier traf ich vor allem chinesische Touristen an.

Am Samstag fuhr ich nach Tokio und am Sonntagmorgen von dort aus zum Berg Takao. Der stand schon lange auf meiner Liste. Es war gut, dass ich wie ein Freund geraten hatte, früh losfuhr, denn an einem Sonntag bei schönem Wetter strömen die Massen dorthin. Ich wäre lieber am Montag gefahren, aber es war Regen angekündigt. Auf dem Takao gibt es viele Tempel und Wanderwege, ich bin mit dem Sessellift hochgefahren und dann zum Gipfel gewandert. Von dort aus hatte ich einen schönen Blick auf den majestätischen Fuji, den berühmtesten Berg und ein Wahrzeichen Japans. Als ich zur Station zurücklief, war auf dem Berg die Hölle los. Ich sah Prozessionen, eine Musikkappelle zog spielend vorbei, eine andere Gruppe veranstaltete ein Trommelkonzert und im Tempel herrschte Gedränge.

Am Montag war das Wetter tatsächlich nicht so gut, so dass ich nur in Shinjuku, einem geschäftigen Viertel im Westen von Tokio mit einem riesigen Bahnhof, geblieben bin und mich mit Leckereien wie Matcha-Schokolade eingedeckt habe. Und dann war der Kurzurlaub vorbei, am Dienstag fing ich im offiziellen Hotel damit an, den Wettbewerb vorzubereiten.

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